Heute folge ich Ralyana ein Stück tiefer in das Gebirge. Oberhalb eines Tales verharrt sie geduckt im Schatten eines Felsens und gibt mir zu verstehen, mich ebenfalls zu verstecken.
„Hier lebe ich“, flüstert sie. „Es ist besser, wenn sie dich nicht sehen. Die mögen keine Fremden, jedenfalls niemanden, der nichts zu essen bringt oder nicht verbannt wurde.“
Ich blicke hinunter in ein Tal, durch das sich ein Bächlein schlängelt. Ärmliche Steinbuden, mit Tierhäuten eingedeckt, eine dünne Rauchsäule, die in den klaren Himmel steigt und der Geruch nach verbrannten Pilzen. Ein paar alte Frauen sitzen um ein Feuer herum, eine Greisin mit einer weißen Flusenmähne humpelt einen Pfad entlang.
„Wie groß ist deine …“ Ich stocke mitten im Satz, denn das Wort „Familie“ ist hier nicht angebracht. „Wer ist mit dir verwandt?“, verbessere ich, denn auf Sumas kennt man keine Familie, sondern nur Sippen oder Rotten.
„Nur meine Mutter.“ Sie wendet den Kopf ab. „Doch die ist auf Beutefang.“
„Was bedeutet sie dir?“, frage ich vorsichtig.
„Hm. Ich weiß es nicht“, murmelt sie. „Ich glaube, sie mag mich nicht. Sie scheucht mich nur herum, sagt nie etwas Nettes. Wenn ich nichts Essbares bringe, dann rutscht ihr auch schon mal die Hand aus.“